Atentiune – Teil 1

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Gestern Nachmittag reisten mein Kollege und ich in Binningen um die Welt.

Wir besuchten Tom. Er arbeitete nach seiner Ausbildung zum Schriftenmaler 42 Jahre lang als Tierpfleger im Basler Zoo und ist jetzt pensioniert.

Einst, als das Reisen einfacher und selbstverständlicher als heute war, besuchte er alle Kontinente, viele Länder und enorm viele Tiergärten.
Nie kam er mit leeren Taschen nach Hause.
Emailschilder, beschriftet in den verschiedensten Sprachen, bezeugen Tom’s Leidenschaft für Zoologische Gärten und seine Berufung, mit Tieren zu arbeiten.

Atentiune, Achtung auf Rumänisch, hängt beispielsweise neben farbigen Tier-Schildern. Mich sprechen Werke aus der Ukraine besonders an.
Zu jedem Schild wusste Tom etwas zu erzählen, wir reisten mit, unternahmen mit ihm Kontinental- und Zeitsprünge.
Das schwerste Emailschild in seinem reichen Museumszimmer wiegt 4 Kilogramm.

Im Gespräch erwähnt Tom das Thema Völkerschauen im Zolli. Ab 1874
fanden 21 Völkerschauen statt, in welchen Menschen und Tiere aus Afrika präsentiert wurden.
1935 stand die letzte unter dem Thema «aussterbende Lippennegerinnen aus Zentral-Afrika».
Scheinbar, so informiert der Zoo Basel auf seiner Internetseite, lohnten sich diese Veranstaltungen finanziell.

Bis gestern hatte ich keine Kenntnis davon, dass 1937/1938 die Angestellten des Zoo Basel eine lange Zeit diesen nicht verlassen durften, dort in Quarantäne verharren mussten.
Im Vogelhaus trafen sich die “Zolli-Häftlinge”, assen und verbrachten Zeit miteinander.
Austausch mit den Angehörigen war telefonisch, per Post und auf Distanz an den Eingangstoren möglich.

Eine Maul- und Klauenseuche im Basler Zoo war die Ursache dieser Quarantäne-Massnahme und der Zooschliessung, welche sich über 106 Tage erstreckte.
Alle Yaks und Bisons wurden notgeschlachtet, um eine Verbreitung der Seuche zu verhindern.
Jedes Gehege und jegliches Werkzeug wurden mit Natronlauge gesäubert.

Scheinbar erlitt der Zolli in dieser Zeit einen Verlust von ca. 95’`000 Franken.
Der Bund und der Kanton Basel-Stadt sprachen knapp 30`’000 Franken Unterstützung, gut 35’`000 Franken kamen zusätzlich durch private Spenden zusammen.

Mein Kollege und ich kamen nicht aus dem Staunen raus, neugierig folgten wir Tom, um in seiner Wohnung mehr Sammlungsstücke bewundern zu können.

30. März 2021

2 Kommentare

  • Lieber Kussi
    Sehr gerne erwidere ich deine Wünsche für Ostern.
    Danke für diesen interessanten Einblick. Die geschilderten Ereignisse sind alle innerhalb der letzten 100 Jahre passiert. Sooo lange ist das noch gar nicht her, dass man im Zolli noch‘Neger’ oder Urvolksvertreter ausstellte. Davon hatten wir es unlängst gerade. Krass!
    Herzliche Grüße, Katja