Erste Impressionen an der Costa del Sol

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Schliesse ich die Augen und träume spanisch, sehe ich das Denkmal “monumento a los migrantes” vor dem Bahnhof Granada vor mir.
Es ist den Menschen gewidmet, welche vor Aufkommen des Massentourismus Andalusien verliessen, um im Norden Spaniens oder im Ausland Arbeit zu finden.

Ein Mann mit einem Koffer in seiner rechten Hand und eine Frau halten sich umschlungen, ein Mädchen klammert sich an die Mutter, schaut sehnsüchtig zu ihr hoch. Klobig sind die Schuhe, einfach die Kleidung, in die Ferne gerichtet und entschlossen der Gesichtsausdruck des Mannes.
Wird er zum Bahnhof begleitet? Reisen sie zusammen ins Exil?

Scheinbar verliessen zwischen 1950 bis 1980 etwa 5 Millionen spanische Frauen, Männer und Kinder ihr Heimatland auf der Suche nach einem besseren Leben.
Heute ist Spanien ein Einwanderungsland.

Unsere Zugfahrt nach Málaga beginnt mit der Kontrolle des Gepäcks und der Tickets im Bahnhofsgebäude. Wir wähnen uns, in der Schlange anstehend, am Flughafen.
Die wenigen Bahnsteige sind menschenleer.

Endlose Olivenhaine säumen die Zugstrecke. Ausgezehrt, karg und erschöpft wirken die baumlosen Hänge und Ebenen auf mich.

Überbaut, zubetoniert erlebe ich die Küstenlandschaft auf den 120 Kilometern Autofahrt von Málaga in den Süden nach Sotogrande.
Zwischendurch sehen wir das wunderbar weite Meer.

Milena, die Schwägerin unseres Gastgebers Herman, arbeitet für eine Immobilienfirma, welche weit oberhalb von Sitio de Calahonda Wohnungen für zahlungskräftige Sonnenhungrige anbietet.
Scheinbar kommt die Kundschaft hauptsächlich aus Finnland, der Schweiz und Belgien.

Anspruchsvoll stellen wir uns den Zugang von diesen abgelegenen Betonburgen an das Meer vor.
Verstopft sind die Strassen, Mangelware die Parkplätze und die Strandabschnitte in der Nähe.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit gab es an der Costa del Sol nie eine Abstimmung über eine Zweitwohnungsinitiative.

Eine Immobilie in diesem Teil Spaniens ist für die meisten Einheimischen unerschwinglich.
Espanha weist innerhalb der EU den höchsten Prozentsatz von Menschen auf der Suche nach einer Arbeitsstelle auf.
Über 30% aller jungen Leute stehen auf der Strasse, auf der Schattenseite im Land der Sonne.

Halte ich meine Augen offen, entdecke ich auf unserer Autoreise Golfplätze, welche grünen Oasen in dieser Welt aus Beton und Stein an der südlichsten Mittelmeerküste Europas gleichen.

27. November 2022


2 Kommentare

  • Lieber Matkus,
    Danke für Eure Impressionen.
    Schade dass das Geld immer die Welt regiert und nicht die Menschlichkeit, die Empathie oder die Liebe.
    Herzlich Cécile

  • Lieber Markus
    Du entfliehst also der Kälte. Gute Idee.
    Und überall das gleiche Vorgehen bei Immobilien.
    Die Einheimischen haben das Nachsehen. Schade.
    Lieben Gruss
    Beat