Bacalar

B

Sie tut mir leid.

Ihre Neugier, in Valladolid durch die offene Bustüre sich rein zu schmuggeln, den abgedunkelten Innenraum ausgiebig zu erkunden, dabei den rechtzeitigen Abflug nicht zu schaffen, wurde ihr zum Verhängnis.

So ist die Mücke gezwungen, fast fünf Stunden mit uns nach Bacalar zu reisen.

Nervös fliegt sie von Sitzplatz zu Sitzplatz, wird immer wieder unfreundlich auf- und weggescheucht.
Sicher fühlt sie sich fehl am Platz.

268 Kilometer lang hat sie Zeit durch das Fenster den lichten Urwald anzuschauen, wo ihre Artgenossen sich freier bewegen können.

Ich wünsche mir, dass sie mit ihrem Schwirren Speedy Gonzales am Steuerrad wach hält.
Eine gerade Schneise schneidet die Strasse in den Urwald, Kurven sind an einer Hand abzuzählen.
Einmal hält er an um Coca Cola zu kaufen. Auch das eingesperrte Insekt schaut ihm dabei zu.

Die arme Kleine hat keine Möglichkeit, ihr Gehör vor der enormen Lautstärke der drei Filme zu schützen, welchem die Reisenden, gewollt oder nicht erwünscht, ausgesetzt sind.

Die niedrige Baumwand auf beiden Strassenseiten macht erfreulich oft einen intakten Eindruck.
Die Zivilisation kündigt sich jeweils durch Abfälle aller Art, willkürlich zwischen den Bäumen entsorgt, an. Die wenigen pueblos, Dörfer, wirken auf auf mich traurig, nicht einladend. Vor und neben den Häusern türmt sich Unrat.
Eventuell wecken diese Bilder Sehnsucht in der Kleinen.

“This is Bacalar”, dreimal muss der Busfahrer sich wiederholen.
Wir stehen am Strassenrand vor einigen Häusern, links rauscht der Verkehr, von einem Busterminal fehlt jede Spur.

Beim Suchen unseres Gepäcks im Busbauch, das Buspersonal hält sich höflich zurück, verliere ich unsere fliegende Gefährtin aus den Augen.
Ich hoffe, sie findet sich in der neuen Umgebung gut zurecht.

Wenige Kilometer von der Autostrasse entfernt erstreckt sich in einer Länge von 42 Kilometern und zwei Kilometern Breite die Lagune von Bacalar.
Ein unwirklich schönes Süsswasser-Juwel mit karibischem Flair, Paradies für TouristInnen.
Stundenlang sitze ich auf dem Steg unseres kleinen Hotels, fasziniert vom Farbenspiel des Wassers, gespiesen von mehreren Cenoten in der Region.

Es ist ein idealer Ort, um den vorbeiziehenden Wolken Namen, Berufe zuzuordnen und um 07:30 Uhr morgens dem Sonnenaufgang und der Vogelinsel entgegen zu schwimmen.

Mittwoch ist Sonntag in Bacalar.
An diesem Tag ruht der motorisierte Schiffsverkehr in der Lagune. Sie gehört dann den Reihern, den Möwen, den Kormoranen, dem langsamen Vorwärtskommen im Kajak oder auf dem Paddle.
An den andern Tagen wird auf Motorbooten auf einer zweistündigen Tour den TouristInnen die Schönheit der Lagune vor Augen geführt.
Abends präsentieren Männer sich auf ihren Jetski-Boliden.

Die Krokodile, welche zwischen den Mangroveninseln vor dem gegenüberliegenden Ufer leben, halten sich erfreulicherweise höflich zurück, sind nicht sichtbar.
Muchas gracias.

26. Januar 2023

3 Kommentare

  • Lieber Markus,
    Ich bin fasziniert über die tollen Reiseberichte, die immer zu mir nach Hause flattern
    und meine Phantasie anregen. Ich fühle die klebrige Feuchtigkeit, ich höre die verschiedenen Geräusche des Urwalds und in mir wächst eine ungeheure Reiselust.
    wieder einmal möchte ich all das nochmals erleben, oder auch nur träumen davon.
    Herzlich
    Cécile

  • Lieber Markus
    Danke für deine Impressionen vom Paradies. Sie passen gut zu meinem aktuellen Gemütszustand. Heute wurde ich pensioniert, verabschiedet und reich beschenkt. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Lieben Gruss
    Beat

  • Tolle Erinnerungen ! Wir genossen all das vor über 45 Jahren. Auch dann 4 Wochen in Mexiko unterwegs….
    Geniesst es weiter…… Ernst und Monika