Farben

F

Stark, gerade, elegant gekleidet steht sie da.

Ihr unteres Blattwerk ist aufgebauscht, einem Torero gleichend, welcher mit durchgestrecktem Rücken stolz seine capa, das rote Tuch, in die Höhe schwingt.

Wunderbar hat ein lieber Kollege die Weide am Seeufer mit Wasserfarben auf dickem, weissen Papier festgehalten.
Einzelne Pinselstriche sind fein, betonen präzise einzelne der grazilen Blätter. An anderen Stellen drückt kräftiges, sattes Grün die Fülle des hängenden Blattwerks aus.
Ich höre auf dem Bild das Säuseln des Windes, erfreue mich am Spiel des Sonnenlichts.

Während ich diese Zeilen schreibe, ergibt der Kirschbaum in unserem Garten sich langsam dem Lauf der Jahreszeiten.
Vor wenigen Tagen stemmte er den Winden noch kraftvoll seine reich dekorierten Äste entgegen.
Heute scheinen die bunten Blätter sich am gelichteten Baum fest zu krallen. Nach und nach schweben sie entkräftet ins nasse Gras.

Errötet klettert die Jungfernrebe aus Nachbars Garten über den immer grünen Hag, scheint diesem neckische Herbsthäubchen aufzusetzen.

Vorgestern fand im Altersheim meiner Mutter eine Modeschau statt.
45 Minuten lang präsentierten Bewohnerinnen und Angestellte des organisierenden Modegeschäfts Blousons, Pullover, Strickjacken, Taschen in nicht satten Farben.
Nach dem modischen Defilee durften Frau und Mann im Mehrzweckraum, er glich einem riesigen Warenlager, schnuppern gehen. Gekauftes wurde in schwarz gepunktete Plastiktaschen verstaut und auf den Rollator oder den Rollstuhl gelegt.
Mir gefiel die Freude am Erworbenen, erkennbar am Lächeln der BesitzerInnen. Immer wieder vernahm ich den Satzanfang “Eigentlich habe ich alles, aber …”.

Beim Betreten der Birsfelder Hard entdeckte ich letzthin Kolonnen von farbigen Holzpfosten.
Sie kennzeichnen den Verlauf der geplanten grauen Zufahrtsstrassen und Eisenbahnschienen zum Portal des Birsfelder Rheintunnels, welcher ab 2040 unter dem Rhein hindurch Blätzbums mit dem Badischen Bahnhof verbinden soll
Das gigantische Bauprojekt soll schlussendlich den Verkehr auf dem Basler Abschnitt der A2 und durch 4127 verringern.
Über 150 Schrebergärten auf Muttenzer und Birsfelder Bann werden diesem Projekt zum Opfer fallen.
Etliche Parteien und Organisationen sehen schwarz, haben ihren Widerstand angekündigt. Andere sehen Licht am Ende des Tunnels, stehen für dieses Projekt lautstark ein.
Vamos ver.

17. November 2023

1 Kommentar

  • Lieber Markus
    Danke für die saisonalen Impressionen. Ich las deinen Text mit vielen Herbstfarben im Kopf.
    Lieben Gruss
    Beat