Maria-Rickenbach

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Vor mehr als 460 Jahren trug ein junger Mann der Legende nach eine Marienstatue, welche er in den unruhigen Zeiten der einsetzenden Reformation aus einer verwüsteten Kirche gerettet hatte, beim Alpaufzug auf die Musenalp hoch. Im Gebiet des heutigen Weilers Niederrickenbach soll er seinen Schatz in einem hohlen Ahornbaum versteckt haben.
Beim Alpabzug liess sich die Statue nicht mehr bewegen, schien mit dem Baum verwachsen zu sein. Für die gläubigen Älpler ein klares Signal, dass die Jungfrau Maria diesen Ort auserwählt hatte.
1565 wurde eine kleine Kapelle errichtet, zu welcher schon bald Scharen von KatholikInnen aus dem Talgrund pilgerten, um Hilfe zu erbeten und Dankbarkeit zu erweisen.
Ab 1469 bot ein kleiner Gastbetrieb den Wallfahrenden Speis und Trank an. Der Grundstein zum aktuellen Pilgerhaus Maria-Rickenbach war gelegt.

Seit bald 100 Jahren überwindet eine Gondel in wenigen Minuten die fast 700 Höhenmeter zwischen Dallenwil und Niederrickenbach. Die Wanderzeit beträgt 2 – 3 Stunden, in schmalen Serpentinen führt der Wanderweg, wir können es bezeugen, beeindruckend steil hoch und runter.

Am letzten Donnerstag wurden wir von grauer Stille und dem überaus behaglichen Pilgerhaus, welches mit sehr viel Liebe und Enthusiasmus von jungen Leuten geführt wird, empfangen. Nach einem kurzen Imbiss wagten wir uns in die eiskalte Nebelsuppe raus.
Über Stock und Stein, vereiste Steilstücke, durch Schneehaufen ging es Richtung Bleikigrat. An exponierten Stellen lenkte sich meine Partnerin mit einer persönlichen Variante des Blumenorakels “Er liebt mich, er liebt mich nicht” ab.
Am Abend konnten wir beim Überraschungsmenü in der gemütlichen Gaststube über das Erlebte lachen und darauf anstossen.
Wir lieben diesen Kraftort.

Am nächsten Morgen brachen wir zu unserer Wanderung Richtung Klewenalp auf. Kaffeeduft empfing uns beim Verlassen des Pilgerhaus. Jeden Freitagmorgen werden hier in luftiger Höhe Kaffeebohnen geröstet.

Bei der Alp Ahorn ging es saftig hoch Richtung Musenalp. Die Sonne zeigte sich erfreut über unseren Sportsgeist, bald hatte ich mich meiner Jacke und meines Pullovers entledigt.
Erinnerungen an 2016 tauchten auf. Damals absolvierte unser jüngerer Sohn Thiago einen Teil seines Zivildiensts auf der Musenalp. Ende Juni marschierten Marli und ich zu ihm hoch. Im Rucksack trug ich die Urne mit der Asche meines Vaters.
Er hatte die Berge geliebt und etliche erkundet.

Auch damals schwitzten wir uns diesen fordernden Bergweg hoch. Wie auf diesem die Auf- und Abzüge der Sennen und der Kühe erfolgen können, ist uns rätselhaft.
Oben angekommen herzten wir Thiago, tranken viel Most, erfreuten uns an der währschaften Käseschnitte.
Auf einem wunderschönen Grat, der Vierwaldstättersee zu unseren Füssen, öffnete ich später die Urne, liess die Asche meines lieben Vaters möglichst sanft auf die Alpenflora runterrieseln.

Schnee verdeckte den Wegweiser auf Bärfallen fast zur Gänze. Marli und ich bogen rechts ab.
Bald setzte sie das Blumenorakel vom Vortag fort, wahrscheinlich in verstärkter Form.
Die Traversierung zur Klewenalp gestaltete sich abenteuerlich und sehr anregend durch eine dicke Schneedecke, ruhend auf einem steil abfallenden Hang.
Mich erinnerten diese 15 Minuten an ein Familienerlebnis vor 25 Jahren in Brasilien. Zusammen mit meiner Schwiegermutter wollten wir damals mit einem Buggy Sanddünen in Fortaleza erkunden. Der Fahrer liess uns auswählen, ob wir die Tour mit oder ohne Emotionen erleben wollten.
Wir buchten die vorsichtige Variante, was meinen Magen aber nicht daran hinderte, wiederholt flau zu werden und mich Stossgebete, sie wurden glücklicherweise erhört, zur Schöpfungskraft senden liess.

Heil angekommen, Orakel abgeschlossen, vieles gut,
die Klewenalp-Magronen mundeten mehr als gut.

11. Februar 2025

4 Kommentare

  • Ja, ich bemerke, dass es die Bergwelt Euch auch angetan hat. Bei Deinem Bericth fühlte ich mich mitgenommen, ich habe die Nebelschwaden an mir vorbei ziehen lassen und habe den Duft des Kaffees gerochen und mit Euch geschwitzt. Wie liebe ich solche Wanderungen mit Start früh am Morgen wenn die Welt am Erwachen ist. Ich habe 22 Jahre in Davos gelebt und vile schöne und anstrengende Bergtouren gemacht und hoffe, dass ich bald wieder einmal in die Berge fahren kann und schauen was noch möglich ist mit meinen 86 Jahren. Vielleicht keine 6-8 Stunden mehr, aber 3 Stunden in einer hochalpinen Welt würden mir genügen und mich riesig freuen.
    Mit lieben Grüssen und vielen Dank für den schönen Bericht. Cécile und Raphael

  • Ja, ich bemerke dass es die Bergwelt Euch auch angetan hat. Bei Deinem Bericht fühlte ich mich mitgenommen, ich habe die Nebelschwaden entzückt an mir vorbeistreifen lassen und habe den Duft des Kaffees gerochen und mit Euch geschwitzt. Wie liebe ich solche Wanderungen mit Start früh am Morgen wenn die Welt am Erwachen ist.
    Ich habe über 22 Jahre in Davos gelebt und viele schöne, anstrengende Bergtouren gemacht und hoffe, dass ich bald wieder einmal in die Berge fahren kann und schauen, was noch möglich ist mit meinen 86 Jahren auf dem Buckel. Vielleicht keine 6-8 Stunden mehr, aber vielleicht noch 3 Stunden würden mir genügen und mich riesig freuen.
    Mit lieben Grüssen und vielem Dank für den schönen Bericht.
    Raphael und Cécile

  • Lieber Markus
    Wunderschöne Geschichte, verwoben mit der Sage.
    Wir selbst streuten die Asche von Susans (meine Partnerin) Mutter auf dem Pilatus in alle Winde aus – zum Teil bei Gegenwind, was sehr gut zum Humor von Susans Mutter passte.
    Lieben Gruss
    Beat