Wir machten mit unseren entschleunigt ausgelegten Fahrrädern letztes Wochenende im Kanton Aargau dem rumänischen Regionalzug zwischen Medgidia und Tulcea ernsthaft Konkurrenz.
Der Bummler benötigte vor bald drei Wochen für die letzten 30 Schienenkilometer bis zur Stadt nahe beim Donaudelta eine volle Stunde.
Innerlich, es war heiss und stickig, die Lüftung funktionierte nicht, bejubelte ich jeden zurückgelegten Schienenkilometer.
180 Kilometer lang fuhren wir abgeernteten Weizenfeldern entlang, sie erstreckten sich bis zum Horizont. Ähnlich stelle ich mir die Kornkammer der Ukraine, wir befanden uns in der Grenzregion zu diesem riesigen Land, vor.
Schatten spendende Bäume sahen wir kaum, dafür ein Windkraftrad nach dem andern. Die Region Dobrudscha beheimatet an Land die grösste Anzahl Windkraftanlagen in Europa.
Schafherden und Hirten wirkten winzig zwischen den drehenden Giganten.
Knapp 70 Kilometer weit erstreckt sich der Radweg durch das Freiamt.
Wir starteten mit einem Kaffee in Rotkreuz, befanden uns im Nu im Grünen, überquerten die Autobahn, rollten auf der Holzbrücke beim schmucken Städtchen Bremgarten ein zweites Mal über die reissende Reuss, passierten stattliche Bauernhöfe, ausgedehnte Christbaumanlagen, eine stattliche Anzahl Bauprofile, warfen einen Blick auf das eindrucksvolle Kloster Muri, genossen wiederholt den Blick auf die Rigi und die markanten Bergspitzen der Mythen.
Alt und Jung, Leicht und Schwer, sitzend auf elektrisierten Fahrrädern, überholten uns rasant und meist humorlos.
Auf und ab ging es durch diese wunderschöne, top organisierte Gegend. Auf engem Raum finden Wohnen, Arbeit, Verkehr, Erholung statt.
Die Kart-Bahn Wohlen sahen wir nicht, hörten und rochen sie lediglich.
Im formidablen Gasthof Löwen in Sins fiel uns das Sein und Ruhen sehr leicht.
Auch in dieser Nacht reiste ich im Schlaf durch Rumänien, spazierte durch die wunderschöne Altstadt von Sibiu, Hermannstadt.
Das historische Zentrum schläft nicht. Diesen Eindruck vermitteln die Lüftungsöffnungen, eingesetzt auf vielen Dächern. Sie gleichen offenen Augen, alles wahrnehmend und beobachtend.
Im nächsten Augenblick glitten meine Geliebte und ich auf einem Motorboot von Tulcea aus durch das Donaudelta, wo wir Schwärme von Pelikanen beobachteten, unzählige Libellen tanzen sahen, wir uns im Amazonas und im Naturparadies Pantanal wähnten.
Wieder genoss ich auf der breiten Promenade in Constanța am Schwarzen Meer eine limonadă clasic, versüsst mit ein wenig Honig, biss ich wieder in einen covrigi, einen leckeren Brotkranz, gefüllt mit Salzigem oder Süssem.
Schlussendlich wurde ich Zeuge, wie Frauen und Männer in einer orthodoxen Kirche in Bukarest von einer Ikone zur anderen schritten, sie mit der Stirne berührten, bevor sie sich bekreuzigten.
Ein Priester nahm einer Frau, ihr Kopf war mit einem Tuch verhüllt, auf der linken Seite des Kirchenschiffs, die Beichte ab.
Wenige Meter entfernt warteten geduldig andere Personen, bis der Geistliche Zeit für sie hatte.
Ich mag es nach Ferientagen beim Aufwachen mir über meinen aktuellen Aufenthaltsort nicht sofort klar zu sein.
Gemütlich ging es später, lange hatten wir die Voralpen und den Pilatus vor uns, der Reuss und dem Sempachersee entlang nach Sursee, wo wir in einen Regionalzug nach Olten stiegen.
Vor Sursee erschreckte uns ein Motorradfahrer mit seiner aggressiv fahrlässigen Fahrweise.
Im Bahnhof Olten wuchteten drei junge Leute, in Rollstühlen sitzend, ihre Fortbewegungsmittel schnell und kraftvoll den Aufgang zum Perron 11 hoch. Der Zug drohte ihnen vor der Nase abzufahren.
Ich freute mich, als die Wagontüre sich hinter ihnen schloss.
28. Juli 2023
Danke Dir sehr für den interrssanten Bericht. Wieder hast Du in mir lebendige Bilder entstehen lassen und ich durfte ein Stück Reise mit Euch erleben.
Herzlich Cecile
Danke Dir sehr für den interrssanten Bericht. Wiedrr hast Du in mir lebendige Bilder entstehen lassen und ich durfte ein Stück Reise mit Euch erleben.
Herzlich Cecile
Hallo Markus. Du schreibst wunderschön. Bin immer beeindruckt von deiner Erzählung.
Gruß Pietro