Im spannenden Roman “Konklave” von Robert Harris hält Dekan Lomeli eine Rede an die anwesenden Kardinäle, in welcher er die Hoffnung äussert, dass der zu wählende Papst ein Mann sei, der zu zweifeln imstande sein werde.
Um Zweifel zu überwinden muss man sich anstrengen, an sich und mit sich arbeiten. In diesen Momenten lebt der Mensch und ist nicht erstarrt, argumentiert Lomeli.
Wäre Mann Katholik, die Fähigkeit des Zweifelns ein wichtiges Wahlargument und bestünde nicht die Verpflichtung zum Zölibat, wären seine Chancen Papst zu werden durchaus intakt.
Die Argumentation von Dekan Lomeli spricht Mann an, der immer wieder nicht von Zweifeln befreit war und ist.
Mochte er in jüngeren Jahren den Zustand der Unentschiedenheit nicht, lernte er mit zunehmender Lebens- und Berufserfahrung diesen als Quelle und Ausgangspunkt von Neuem, Anderem wahrzunehmen.
Erleichternd war sicher die Erkenntnis, dass die Phasen der Unentschlossenheit nicht ewig andauerten.
Dankbar bin ich, dass ich privat und beruflich nicht unter Druck stand, sofort und jederzeit alles wissen und beherrschen zu müssen.
Das Akzeptieren der eigenen Unsicherheit, die persönliche Auseinandersetzung bis zum Finden von Lösungen kann zeitaufwändig sein und unterschiedliche Lustgefühle bereiten.
Spannend war und ist immer wieder Strategien der Lösungsfindung erproben zu können.
Beim Nachlesen zu diesem Thema lernte ich, dass bis ca. 1700 nach Christus das Zweifeln als Übel, teilweise sogar als Sünde angesehen wurde. Mit der Aufklärung wuchs die Auffassung, dass der Zweifel eine Voraussetzung für Wissens- und Erkenntnisgewinne bilden kann.
Ganz gewiss wird Mann auch in Zukunft nicht über alle Zweifel erhaben sein.
22. August 2020