Beim virtuellen Surfen stosse ich auf www.nzzas.nzz.ch auf den Artikel “Jesus lebt jetzt in Sibirien”. Meine Neugier ist geweckt.
Ich vernehme, dass Sergei Anatoljewitsch Torop, ein russischer Verkehrspolizist, sich ab 1991 als wiedergeborener Jesus Christus bezeichnete. Er änderte seinen Namen in Wissarion.
Heute siedelt er mit ca. 4000 Anhängern sehr abgelegen in Sibirien.
Auf einem Foto sehe ich einen bärtigen Mann in einem engelhaft weissen Gewand. Sein Haar ist schulterlang, sanft lächelt er in die Kamera.
Interessant finde ich die Äusserungen von deutschen Frauen und Männern, welche Wissarion und seiner Kirche des letzten Testaments in die Taiga gefolgt sind.
Genannte Beweggründe sind Hoffnung auf ewiges Leben nach dem Tod, Suche nach Liebe und Sinnhaftigkeit, der Wunsch in einer gerechteren Gesellschaft zu leben.
Wer ein Einkommen hat, gibt 10 Prozent an die Kirche und 18 Prozent an die Dorfgemeinschaft ab.
Alkohol und Fleischkonsum sind verpönt, fünf tägliche Gebetseinheiten die Pflicht.
Im Herbst 2020 wurde der sibirische Messias verhaftet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die Delikte Finanzbetrug sowie die Gründung einer illegalen Organisation, die Geld von ihren Mitgliedern erzwingt, vor.
Ich frage mich, wie es den Mitgliedern der Kirche des letzten Testaments ohne ihren Meister, welcher immer noch in Untersuchungshaft sitzt, geht.
Vor ca. 25 Jahren liebäugelte ich mit dem Gedanken für einige Zeit mit meiner Geliebten und unseren kleinen Söhnen in Brasilien zu leben und zu arbeiten.
Mein Schwager schlug mir vor, zusammen entweder eine Schule zu eröffnen oder eine Kirche zu gründen.
Mir traute er scheinbar zu, mit meiner Ausstrahlung Leute in die Kirche locken zu können.
Er selber wollte für den finanziellen Aspekt verantwortlich sein.
Sicher hatte er auch das Beispiel von Edir Macedo vor Augen, einst Verkäufer von Lotterielosen, heute Eigentümer und selbst ernannter Bischof der Igreja Universal do Reino do Deus.
Dieses religiöse Wirtschaftsunternehmen profitiert von ca. 8 Millionen Gläubigen, welche 10% oder mehr ihres Einkommens spenden.
Auch Edir Macedo geriet immer wieder wegen zwielichtigen Geldgeschäften ins Visier der Polizeibehörden.
Brasilien ist für die Wirtschaftsbranche “Kapitalisierung des Glaubens” ein Paradies. Unzählige grosse und kleine Privatkirchen buhlen um Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Der Vater einer Bekannten, er ist in der Zwischenzeit verstorben, führte im Nordosten Brasiliens von Montag bis Samstag eine Konditorei.
Am Sonntag predigte er in der von ihm gegründeten Kirche.
Der vitale Senior, offiziell war er zwölffacher Vater, hatte, so informierte uns seine Tochter, stets Kondome in in der Brusttasche seines Hemdes griffbereit.
Eventuell hätte Edir Macedo Freude an mir gehabt, wenn er erfahren hätte, dass ich das Angebot meines Schwagers ausschlug. So hatte er einen potentiellen Konkurrenten weniger.
Bereits damals fehlten mir entscheidende Qualitäten für diesen Beruf.
Zum Beispiel Unverfrorenheit und Skrupellosigkeit, von hoffenden und suchenden Menschen finanziell profitieren zu wollen.
Sicher auch das schulterlange Haar und der Bart, um dem herkömmlichen Jesus-Bild ähnlich zu sein.
20. Mai 2021
Lieber Markus, danke füs diesen Artikel. Ich denke
dass jeder Mensch selber Verantwortung tragen muss für alles was er hört, liest und tut. Man kann nicht jedem Dahergelaufenen glauben, nur weil man zu bequem ist, das Gehörte zu prüfen und darüber nachzudenken. Ein wahrer Glaube muss lebendig sein und in einer Unabhändigkeit und Freihei wurzeln.
Herzliche Grüsse
Cécile
Ich nag dich viel lieber so, lieber Markus.
Lieber Gruss aus dem Schulzimmer
Beat