Elegant schwamm Amelie vor der Bar vorbei, in welcher wir dem Weltuntergang zuschauten.
Heftige Regengüsse hatten auf dem Betonboden der Strandpromenade in Viareggio tiefe Seen angelegt.
Der Teppich mit der Aufschrift Amelie vor dem gleichnamigen Modegeschäft wurde von einer Windböe gepackt, in die Höhe geschleudert und in eines der neu geschaffenen Gewässer geworfen. Schlussendlich retteten wir Amelie und übergaben sie ihrer Besitzerin.
Einen Sonntag lang wurde die Toskana heftigst durchgespült.
Castiglione delle Pescaie, wo wir ursprünglich Sonnentage sulla spiaggia verbringen wollten, verhängte nach den Unwettern ein Badeverbot. Zu verdreckt und belastet waren die Strände und das Meer in Ufernähe.
An diesem Nachmittag gehörten der Strand und das Meer mir alleine.
Seit bald 200 Jahren besuchen Badegäste Viareggio, der Tourismus hat Tradition. Auf einer Strecke von zwei Kilometern reiht sich ein Lido an das andere, unzählige Sonnenschirme und Liegestühle in verschiedenen Farben verdecken die Sicht auf das Meer.
Wir mieden den Rummel. Auf unseren rostigen Mietfahrrädern radelten wir aus der Stadt, durchquerten ein wunderbares Naturschutzgebiet, holperten schlussendlich über Holzstege, um zur wilden spiagga della Liccione zu gelangen.
Angelehnt an Baumstrünke beobachteten wir dort das emsige Jagen kleiner Eidechsen nach Libellen.
Eine Möwe erwischte einen Fisch und wurde sofort von kreischenden Artgenossen attackiert, welche ihr die Beute entreissen wollten.
Angeschwemmte Quallen riefen in mir Bilder von royalen Totenmasken hervor.
Erfahrene StrandgängerInnen bauten mit dem angeschwemmten Strandgut einfache Zelte, welche Schutz vor den Sonnenstrahlen boten.
Die tosenden Wellen spielten mit mir nach Belieben, liessen mich kugeln, drehen, die Orientierung verlieren, winzig fühlen.
Abends radelten wir zurück, suchten Schatten in der Pineta di Ponente, der riesige Park im Stadtzentrum, rollten auf grosszügig angelegten Fahrradstreifen der breiten Strandpromenade entlang, suchten eine passende Pizzeria und Gelateria.
Viareggio und Velo ergänzen sich perfettamente.
In unmittelbarer Nähe unserer Mietwohnung konkurrieren vier Pasticcerie um die Gunst von LiebhaberInnen des schwarzen Morgengolds und des süssen Gebäcks.
Den besten Kaffee servierte ein brummig wirkender Mann, welcher 12 bis 14 Stunden täglich Gäste bedient.
An einem windigen Morgen entführte uns der Regionalzug in 17 Minuten nach Lucca, einst das Zentrum der Seidenmanufaktur in Europa. Vollständig erhalten ist die 5 Kilometer lange Stadtmauer, 100 Jahre lang dauerte der Bau dieses gigantischen Walls. Heute dient er nicht mehr der Abwehr von Feinden, wunderbar lässt sich auf ihm flanieren, joggen und Rischka fahren.
Durch die dunklen, engen Gassen der Stadt der Kirchen pressten sich die Touristenscharen. Das historische Zentrum gleicht einem Museum. Auf der wunderschönen Piazza dell’Anfiteatro speisten wir ausgezeichnet.
Junge Leute aus Marokko, Brasilien, Polen und anderen Ländern stressten von Tisch zu Tisch, um die Bestellungen aufzunehmen.
Immer wieder hoffe ich, dass der Zustand der Toiletten nicht im Einklang steht mit der Hygiene in der Küche.
Viareggio – Firenze – Milano – Lugano – Arth-Goldau – Basilea, é un lungo viaggio col treno.
Schlussendlich dauerte die Heimreise 11 Stunden. Tutto, perché der Schnellzug in Florenz 40 Minuten Verspätung hatte und wir darum in Milano den direkten Anschluss verpassten.
Non c’é problema. “Due caffè e due cornetti, per favore!”
Grazie!
17. September 2024
Lieber Markus
Mille Grazie für die wundervollen Reiseimpressionen.
Lieben Gruss
Beat