Breathing with the herd

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Eng stehen wir zusammen, ich bin seine Wahl. Mein Gesicht lege ich auf seinen Rücken, verscheuche die Fliegen aus seinen Augen, aus seinen Nüstern.
Mit geschlossenen Augen singe ich ihm leise italienische canzoni vor. Zwischendurch schiebt er sich vor, zeigt mir an, wo er gestreichelt werden möchte. Wunderschön dunkel sind seine Mähne und sein Schweif, seine Flanken und sein Bauch sind straff, seine Augen strahlen Wärme, Verletzlichkeit und Vertrauen aus.
Pegaz ist Mitglied einer Herde Pferde und Esel.

Von Donnerstag bis Sonntag nahmen Marli und ich am Workshop “breathing with the Herd – atmen mit der Herde” teil. Wir waren Gäste bei Juuna und Bernd in Vimieiro, ein Grundstück, das sich auf 120 Hektaren im Alentejo ausbreitet.
Morgens stand ich früh auf, um mehr von diesem Kraftort aufzunehmen. Der alte Bauernhof, wo wir schliefen und assen, steht auf einer Anhöhe. Ich setzte mich unter einen Baum, genoss die Stille und die Aussicht. Im Talgrund weideten Schafe und die Pferde, welche in der Nacht zuvor etwa 20 Kilometer zurücklegt hatten.
Die Hühnerschar hielt Abstand zu mir. Eine dunkle, neugierige Henne bildete die Ausnahme, sie liebte die Schürsenkel meiner Schuhe.
Am ersten Tag lernten sechs winzige Küken das Picken und Scharren, am letzten Tag zählte ich noch drei. Vielleicht waren die kreisenden Geier schneller als sie!
Jaro, einer der zwei Hofhunde, legte sich jeweils auf den Rücken, wollte am Bauch gekrault werden.

Vimieiro ist das grösste Grundstück der Organisation Casa dos Sonhos – Haus der Träume, www.casadossonhos.org, welche mit verschiedenen Projekten ein harmonisches Zusammenleben in und mit der Natur anstrebt.
Juuna, Begleiterin mit therapeutischer Expertise (www.juunakastrup.com), ermöglichte unserer kleinen, internationalen Gruppe liebevoll und mit viel Empathie die Kontaktnahme mit den Vierhufern.

Ihre Pferde und Esel leben frei und selbstbestimmt auf dem Grundstück, stellen sich nicht auf Kommando zu einer unbekannten Person.
Wir platzierten uns in angemessenem Abstand zur Herde und warteten. Langsam nahmen die Tiere von uns Notiz, näherten sich gemächlich, beäugten uns, nahmen den Kontakt zu einer Person auf.
Der Wille, die Absicht, die Wünsche von homo sapiens spielen keine Rolle, die Tiere entscheiden.

Pegaz suchte wiederholt meine Nähe, ein Esel auch. Diese Momente der Verbundenheit waren Geschenke, die Erinnerung daran bereichernd.
Ein anderer Esel stand mir zweimal auf den rechten Fuss, vermittelte mir ebenso ein klares Signal.
Es war wieder das Tier, welches entschied, wann es Zeit war das Zusammensein zu lösen.

Unter wunderbaren Korkeichen atmeten wir bei Satya (www.findspacetobreathe.com) tief ein und aus, variierten das Tempo, die Intensität, hielten den Schnauf an, lösten ihn langsam. Die Übungen, von unserer Coachfrau fachkundig und mit viel Energie angeleitet, lösten jedes Mal High-Effekte in mir aus.
Nach jeder Einheit steckte ich meine Hände in die Hosentaschen. Hätte ich meine Arme leicht angehoben, wäre ich davon geschwebt.
Zu gerne wäre ich dabei auf Pegaz gesessen, hätte mich an seinem Hals gehalten, mich wie der Winzling Nils Holgersson gefühlt, welcher auf der Hausgans Martin Teile von Schweden überflog.

Ich hätte eine Dankesrunde für Juuna und Satya gedreht, die kreisenden Geier verscheucht, von oben die Schildkröten gegrüsst, welche an den Ufern der Teiche sich sonnten, meine Freude über das Dasein so ausgedrückt.

15. Juli 2025


2 Kommentare

  • wie wunderbar, berührend hast Du das geschildert, es wurde mir warm ums Herz, denn Du musst wissen, ich hatte ein eigenes Pferd , habe viele innige, schöne und vertraute Momente mit ihm erlebt. Am frühen Morgen, wenn alles n och schläft bin ich jeweils mit meiner Stute Helia durch Wald und Felder gestreift, wir sprachen zusammen und erlebten zusammen die herrliche Natur, es war einfach einmalig und wunderschön.

    Mit hezlichen Grüssen
    Cécile

  • Es war ein berührendes Geschenk, erleben zu dürfen, wie Du n das Energie Feld der Herde einsinken konntest und dich hingegeben hast ins volle Vertrauen. Danke für dein SEIN. Ich hoffe wir sehen uns mal wieder!