Eine Stunde entfernt von unserem Heim verlassen wir den Bus in Reigoldswil, deponieren Jacke und Zeitgefühl im Rucksack, bummeln auf dem Rifensteiner Sagenweg Feuchte, Sonnenschein, herbstlichen Farben, Stille entgegen.
Im Flüegraben plätschert der kleine Bach, hüpft über Felsen, erhält sanften Applaus von wenigen Sonnenstrahlen, welche den Weg durch das noch dichte Blätterdach finden.
Riesige Pilze, thronend auf geborstenen Baumstämmen, sind stumme Zeugen.
Vor Titterten empfangen uns emsige Bienen und Libellen, welche das herrliche Wetter und die milden Temperaturen nochmals für ihre Zwecke nutzen wollen.
Beim Wegweiser Ober Serzach umschlingt Efeu eine Buche, aus derem unteren Stammbereich ein Ast mit Eichenblättern wächst.
Die weichen Farben einzelner Bäume und die Herbstsonne lassen die Stein- und Betonhäuser von Titterten aus diesem Blickwinkel lieblich und sanft erscheinen.
In diesem Moment fühle ich mich wie ein Impressionist ohne Malutensilien.
Beim Gugger picknicken wir mit freier Sicht auf die Belchenflue und auf den Vogelberg.
Fand Wilhelm Senn hier die Inspiration für sein Baselbieterlied, in welchem er die Schönheit dieses Kantons pries?
Beim Hof Schlief ausserhalb von Arboldswil scheint ein Teil des Gartens in der Luft zu schweben. Unzählige Bienen hüpfen von einer dunkelvioletten Aster zur andern, kraxeln in der gelben Blütenmitte hin und her, wecken in mir das Bild von winzigen Astronauten, emsig auf einem Miniplaneten schürfend.
Wie fühlt sich dies für die Blumen an? Kitzeln die drei Beinpaare der Hautflügler, piekst der Bienenrüssel?
Im anderen Teil des Gartens liegen riesige Kürbisse und Zucchetti mit geblähten Bäuchen auf dem Boden.
Der Hofkater macht mir Konkurrenz, will nicht vom Schoss meiner Geliebten runter.
Nach dem Arxhof treffen wir auf überreich beladene Apfelbäume.
An einem abgeernteten Baum ragt eine verlassene Metallleiter hoch, lädt zum Hochsteigen und zum Suchen der Himmelsluke ein.
In Bubendorf reaktivieren wir das Zeitgefühl, warten auf den Bus zum Bahnhof Liestal, welcher momentan sehr expressiv in Schutt und Asche gelegt wird.
9. Oktober 2022
Lieber Markus
Vielen Dank für deine herbstlichen und sprachlichen sowie geografischen Köstlichkeiten aus dem Kanton Basel.
Die Himmelsluke fand ich als Sprachbild schlicht genial.
Herbstliche Grüsse
Beat
Es hat mich sehr berührt diese Scilderung, Du kannst das so gut, du hauchst den Stimmungen Leben ein und plötzlich wandere ich durch einen bunten Herbstwald, rieche das vermoderte Laub und sehe die müden, schwachen Sonnenstrahlen zwischen den feuchten Baumstämmen ihr mattes Licht verbteiten